cros s
Kirschen gehören für mich zum Sommer wie das offene (Schreibtisch-)Fenster und der lustige Rasensprenger. Wie der Geruch von frisch gestrichenem Jägerzaun, warme Nächte unterm Laken und der Garten meiner Kindheit. Neben zwei Johannisbeersträuchern stand dort ein hochgewachsener und heißgeliebter Sauerkirschbaum. Eimerweise kleine Fruchtnotendoppel zu pflücken war damals mit das Schönste. Heute – und an dieser Stelle – spielen die dunkelroten Bällchen ihr Lied im Mürbebett. Tönen würzig nach Nelke und etwas Zimt. Kuscheln sich siruptropfend ganz nah aneinander, zart bedeckt von knusprig gepinselten Teigstreifen. Stemmen sich gegen die Hitze von draußen mit einem warmen Geschmack im Mund.
Das Rezept (in nidaptierter Form) stammt aus der echten italienischen Küche, meinem ersten bewusst benutzten Kochbuch, mit dem ich mich vor 20 Jahren der süßen Seite der Arbeitsplatte zuwandte. Die >Zucotto< daraus, eine eisgekühlte Kuppeltorte, habe ich damals rauf und runter in die Schüssel gelegt. Seitdem nicht mehr – und der >Crostata di visciole< erging es (leider) ähnlich. Umso erstaunlicher, dass die Aromen so fest besetzt geblieben sind, dass sie heute wie früher famos schmecken. Zugegeben: Der Kuchen erfordert seine Zeit, Geschick und Geduld. Die Belohnung jedoch ist ein unglaublich aromatisches Fladenrund, das mit gleichwohl knusprig und samtiger Konsistenz zu bezirzen weiß. Vielleicht geht es euch ähnlich, und ihr zieht euch an allzu heißen Tagen temperaturtrotzend gerne in die Küche zurück. Nun, es wird auch wieder kühler. So ist es nicht.Der Küchenschritt Nummer Eins lautet also: kompottieren. 800 Gramm Sauerkirschen (!) plus wollen entsteint werden. Das liefert nicht nur die nötige Ruhe, sondern auch eine nette Malerei. Zusammen mit der zartgehobelten Schale einer Bio-Zitrone wandern die Früchte anschließend in einen großen Topf. Zimt als Stange legt sich dazu, ebenso vier kleine Gewürznelken sowie 75 Gramm (je nach eurem Geschmack auch mehr!) Rohrohrzucker. Bei moderater Hitze deckeloffen einköcheln, bis die Flüssigkeit verdampft ist. Das dauert: ein halbes Stündchen – oder länger.
Derweil: einen Mürbteig fabrizieren. Aus gemischten 300 Gramm Mehl (Typ 405 // Ich weise an dieser Stelle mal auf das Albkorn hin, das mir meine Freundin Juli in die Tüte schöpfte. In keinem anderen Monat könntest du so passen!) und 120 Gramm (Rohrohr-)Zucker. Rasch untergeknetete 100 Gramm weiche Butterflocken sowie 50 Gramm Butterschmalz. Ja, ich empfehle, auf das Schmalz nicht zu verzichten (im Original übrigens vom Schwein) – es verstärkt in der Tat den knusprigen Biss. Dazu ein Ei, zwei Eigelb, der Saft der Zitrone und eine Prise Salz. Schnell, geschmeidig und glatt sind die Attribute im Ergebnis. Die verpackte Kugel im Kühlschrank eine Stunde kaltstellen.Nun: dem Ofen mit 175 Grad O/U einheizen, eine Springform (28er) buttern, zart mit Mehl bestäuben. Zwei Drittel des Teiges auf bemehltem Grund kreisförmig auswallen, in die Form einpassen und einen kleinen Rand (4 bis 5 cm) hochziehen. Das Kompott aufstreichen (unbedingt vorher Zitrone, Zimt und Nelke entfernen!), den vorwitzigen Rand über das Rot klappen und aus dem übrigen Teigdrittel zentimeterdicke Streifen für das typische Cros s tata-Gitter ausrollen und schneiden. Galant über den Kuchen legen und fingerspitzensanft mit flüssiger Sahne betupfen. Klassischerweise mit Eigelb und einem Schuss Milch, aber so geht es auch. Ab in die Wärme mit der Form für 30 bis 40 Minuten. Ist die Kirsche braun beknuspert, raus mit ihr! Abkühlen lassen, mit Puder bestäuben. In schmale Ecken schneiden, Klecks Schlagsahne drauf – wer mag – und an Italien denken. Bello/a.
Obwohl: Hier ist es heute auch sehr heiß.Schönstes Sommwo.
Und gute Reise, liebe Sauerkirschbaumfreundin!
sommer ist bei dir auch frisch gestrichener jägerzaun?!
AntwortenLöschenleider stribt der ja gerade aus... aber manchmal schnüffle ich an einem alten exemplar
irgendwo in den ritzen hängt er noch, der duft...
dann muss ich den kuchen ja probieren, wenn er so gut dazu passt.
ist es gut, das kochbuch?
denkst du ich brauch es auch?
:)
jaaa! im reiheneckhaus ;)
Löschengibt's ja beides nun seit jahren nicht mehr - und ich vermisse ihn schon ein bisschen :)
das buch - nun: falls du es mal auf dem flohmarkt findest, nimm es mit. ansonsten ist es wohl mehr die nostalgie, die in den blättern liegt. viel pasta, viel käse, sehr fleischlastig. aber die crostata, die ist wirklich fabulös!
frisch gestrichener jägerzaun? kindheitssommergeruch. wie der treckerreifen. und das gemähte kornfeld... und kirschen gab´s üppig. im garten der doppelhaushälfte. auf den plotzer!
Löschendann werde ich das rezeptchen mal ganz un|auffällig
AntwortenLöschenan eine versierte kuchenbäckerin weiterleiten,
eine, mit der gut kirschenessen ist,
auf dass sie mich damit beglücke.
mit der zeit und der geduld habe ich es derzeit nicht so ...
:)
LöschenDas Buch war auch eines meiner ersten ;)
AntwortenLöschenUnd ob das wohl auch mit Zwetschgen funktioniert? Sieht auf jeden Fall köstlich, quatsch, schön so aus...
ganz bestimmt! oder mit aprikosen ;) ach, würde sie ja nur zu gerne kosten ...
Löschenach, übrigens: die süße variante habe ich neulichst in deinem plotzer verbacken, der absolut hält, was er verspricht :) merci!
LöschenEs waren zu wenige Kirschen dieses Jahr am Baum... Sie durften mit Himbeeren aus dem Garten und Blaubeeren vom Markt in einen bunten Sommerrührkuchen :) kirschkuss k
AntwortenLöschenhm, sieht der lecker aus...mit Albkorn gebacken - so soll es sein ;-) Ich erinnere mich noch gut an Euren Kirschbaum und den Jägerzaun
AntwortenLöschenna, du gehörst ja auch in meinen frühen sommer :)
Löschenund: wieder im netz? gar mit einem neuen aufklapptop?